Unser Ziel: die Reisterassen bei Longsheng. Es gibt in der Gegend mehrere Täler, in denen Minderheiten leben, die seit mehreren hundert Jahren (eine Quelle sagte seit der Ming Dynastie) Reis in Terassen, die sich gesamte Berge hochziehen, anbauen.
Mit dem Zug waren wir wiederum nach Guilin gefahren, um dort mit viel zuviel Zeit im Gepäck noch ein wenig durch die Stadt zu stromern. Es gibt dort den Elefantenfelsen. Natürlich in einem Park, für den man nochmal dicke Eintritt zahlen muss und um das Geschäft zu verbessern, die kostenlosen Ausgucke hat zuwachsen lassen. Wir haben uns mit dem bischen durch die Bäume gucken zufrieden gegeben und den vollen Felsanblick auf den überall hängenden Plakaten genossen.
Wir waren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln da hingefahren. Also mit Bussen, für die man je Fahrt und Nase einfach 2 Yuan in ne Kiste schmeißt. Da wir nur nen 10 Yuan Schein als kleinstes hatten, wollten wir fragen, ob man uns wechseln kann. So komplett sind wir noch nie ignoriert worden. Der Busfahrer hatte wohl keine Lust, sich mit uns abzugeben. Wir sind also ohne zu bezahlen eingestiegen, das hat ihn auch nicht gestört. Als wir aber weiter zum Busbahnhof wollten, war es etwas kompliziert. Der Bus, den wir nehmen wollten, kam nämlich nicht! Und sowas wie Zeitpläne gibt es nicht an den Bushaltestellen. Es steht zwar da, welcher Bus hier fährt, aber wenn Zeiten genannt werden oder Zeitabstände, wann einer fährt… wir haben es nicht herausfinden können! Also: nehmen wir doch einfach ein Taxi! Es kam nur keins. Nur besetzte. Und die Zeit wurde knapp. Also ein Didi! Das kam auch, hielt aber auf der anderen Straßenseite. Die Straße war durch ein Gatter in der Mitte fürs überqueren gesperrt, Übergänge links und rechts jeweils ein ganzes Stück weg. Die Didi-App sagte nur „Your driver is waiting“. Jo, wir auch, nur auf der anderen Seite 🙂 Der Didi-Fahrer setzte schließlich dazu an weiterzufahren, wohl um mit U-Turn zu uns zu kommen, das ging aber verkehrstechnisch eine ganze Weile nicht und schließlich sagte der Fahrer unsere Fahrt wieder ab. Wir also weiter ohne Bus, Taxi oder Didi. Aber irgendwann kam doch ein Taxi und brachte uns zum Busbahnhof, wir fanden durch Nachfragen den richtigen Bus und waren gerettet – ab nach Dazhai!
Dazhai ist ein Ort in einem der Reistäler. Weiter fahren die Busse nicht in dieses Tal hinein. Nach 2,5h Fahrt schnappten wir uns also unser gesamtes Gepäck, woraufhin uns Frauen bequatschen wollten, sie unser Gepäck tragen zu lassen. Sie haben oft traditionelle Kleidung an und Holzkörbe auf dem Rücken. Aber wozu haben wir Wanderrucksäcke, wir wollten wandern (und außerdem dafür kein Geld ausgeben 😉 ). Felix hatte ein Hostel recht weit oben an der Spitze der Reisfelder im Dorf Thai Tou Zhai gebucht. Von denen hatten wir also mittels WeChat eine Wegbeschreibung bekommen, bestehend komplett aus Bildern. Markante Kreuzungen oder Wegpunkte waren jeweils mit Pfeilen markiert, wo man hinzugehen hatte.
Durch das Dorf Dazhai hindurch, eine Oma (das soll nicht abwertend klingen, wir haben in unserer Zeit da oben alle alten Damen in traditionellen Gewändern so genannt) auf auf den Fersen, die uns unbedingt mit zu sich nehmen wollte, damit wir bei ihr essen. Vmtl um Hühnchen im Bambusrohr serviert zu bekommen, ein anscheinend typisches Gericht für da oben, aber auch mit Abstand das teuerste – na klar! Wir wollten aber erstmal zu unserm Hostel, die Dame ließ noch recht lange nicht locker. Aus dem Dorf hinaus ging es über die hier überall vorhandenen Steinstufen und Wege. Direkt oberhalb Dazhais beginnen die Reisterassen. Natürlich ging es vorallem bergauf, aber insgesamt durch schöne Landschaften. Mal auch über eine Baustelle, wo über einen Flaschenzug gerade Material aus dem Tal angeliefert wurde, mal vorbei an Arbeitern auf den Feldern, die hauptsächlich damit beschäftigt waren, ihre Terassenfelder umzupflügen.
Zu dieser Jahreszeit werden die Felder vorbereitet, manche sind schon geflutet (durch ein extra angelegtes Kanalisationssystem von oben nach unten), viele noch nicht. Mal wird in den gefluteten Terasse umgegraben, mal in den noch trockenen. Mal mit einer kleinen Maschine, die aber trotzdem noch viel Körperkraft erfordert, mal nur mit einer Hacke. Dabei werden auch die Terassenränder mit vorbereitet, von Bewuchs befreit, in Form gebracht und geglättet. Ist mal der Reis gepflanzt, sind diese Ränder die Wege zum vorwärtskommen (zwischen den Feldern, ansonsten weiterhin die Steintreppen). Für Großtransporte gibt es die Flaschenzüge (ab und zu), Pferde und nach Thai Tou Zhai auch eine echte Dirtroad. Also eine, die ohne Jeep nicht befahrbar ist. Auf dieser Straße muss man das Wort Schlagloch nicht verwenden, man braucht eher ein Wort für seltene Abschnitte grader Oberfläche – die waren nämlich kaum vorhanden!
Im Dorf angekommen mussten wir trotz Wegbeschreibung sehr genau hinschauen. Tian Tou Zhai liegt sehr hügelig mit engen Steingassen zwischen den Häusern. Man weiß aber nicht immer, wohin manche Wege jetzt führen! Geht es nun in einen Hinterhof, ist dass quasi die Zufahrt? Mal führte ein Weg über Hauseingänge weiter raus auf andere Wege, mal führte ein Weg tatsächlich in einen Hinterhof zu den Schweinen. Überall waren immer mal wieder Wachhunde, in der Regel aber ohne Leine und voll verpennt.
Unser Hostel war ein dreistöckiges Haus (also 2 Obergeschosse) mit einem einladenden Hof, fast ein wenig Bauernhof-like – vermutlich war oder ist es genau das! Im Hof wurde man direkt von kleinen Pelzknäulen begrüßt: die Hundewelpen Xinxin („Herz-Herz“) und Heihei („Schwarz-schwarz“). Xinxin ist ein weißes Wuschelwesen, das immer nur jault, wenn Heihei, der spielwillige Schwarze, ihn wieder versucht umzuwerfen oder ihn in die Ecke gedrängt hat. Das Umwerfen kann Xinxin aber am besten selber: er muss dazu nur den einzigen Bordstein im Hof runterspringen, er ist dabei noch jedesmal, wenn ich ihn gesehen habe auf die Seite gefallen. Ein großer wuscheliger Tollpatsch! Das Hostel selbst war ganz aus Holz, die Zimmer dementsprechend luftig (jetzt voll ok, im Winter muss das ganz schön kalt sein!), die Zimmer mit gut altem Teppich (der 10cm hohe Falten schlägt) ausgelegt (weniger schön) und wir mit dem vermutlich einzigen Westler-Klo das nicht gerade große Los gezogen. Einmal das Klo benutzt und das Bad stank nach Kloake. Zudem lief das Abwasser vom Waschbecken gleichermaßen runter in die Rohre wie raus ins Badezimmer. Nach einer Nacht baten wir um ein chinesisches Klozimmer, eine Wohltat! Die Dusche dazu war mal wieder im gleichen Raum, ohne Abtrennung, der Duschabfluss ist das Loch vom Klo, das Warmwasser wird mit der Gasflasche, die nebenan steht erwärmt. O-Ton Felix: „Die beste Dusche bisher im Urlaub!“ – nein, nicht ironisch gemeint!
Der erste Abend war noch schön, wir bestellten unser Abendessen draußen im Hof. Etwas frisch war es auch, Pelzknäul Nummer 3, die weiße, alte Katze umstrich unsere Füße und maunzte ohne Ende, Pelzknäul Nummer 4, die junge, sowas von süße, putzige getigerte Katze maunzte nur kurz und sprang einfach schließlich auf meinen Schoss, wo sie gemütlich wegpoffte. War ja schön warm bei mir 🙂 Lies sich auch umhertragen, als ich mir anschaute, wie unsere Gastgeber unseren bestellten „Reis im Bambusrohr“ in der Außenfeuerstelle bruzelten.
Noch bevor unser Essen kam, fing es aber auch schon an zu regnen, leider leider eine Weissagung der nächsten Tage. Am nächsten Morgen (nach überstandener Gestank-Nacht) wechselten wir das Zimmer und verbrachten den Morgen gemütlich mit spätem Frühstück (fried noodles!). Nachdem der Regen sich manchmal weniger stark war, schnappten wir schließlich Regenjacken und Schirm (ja, nur einer) und machten uns auf zu den drei recht direkt umliegenden Aussichtspunkten. Zumindest war das der Plan. Ein Glück gibt es immer wieder überdachte Stellen. Mal gehören sie zu Häusern/Hostels, mal sind es Aussichtsplattformen. Wir haben jede von ihnen ausreichend lange genutzt. Aber hej, wir haben ja Urlaub und Zeit. Am Ende haben wir den vollen Nachmittag mit der „Wanderung“ zum ersten Aussichtspunkt (yi hao = Nummer 1) verbracht, ein echtes stop-and-go. Zum Schluss standen wir ganz oben, auf einer Aussichtsplattform, die aus, wie könnte es auch anders sein, drei verschachtelten Aussichtsplattformterassen (Teekesselchen!!!) besteht, wir haben mal geschätzt mit Platz für ca. 400 Leute. Der Regen hatte (kurz) aufgehört und wir standen zu zweit (!) ganz alleine da oben, nice! 🙂
Zurück dann wieder mit stop-and-go und schließlich wieder superleckeres Abendessen im Hostel. Unsere Gastgeber: zwei Frauen managen das ganze, zwei weitere Frauen plus hin und wieder „der Vater“ teilen sich das kochen. Und natürlich Fellknäuel 1-4!
Der nächste Tag startete wieder mit etwas Regen… was auch sonst. Es war insgesamt aber leichterer Regen, also starteten wir unsere Wanderung Richtung Ping An, einem weiteren Dorf mit Reisterassen, das bei vielen bekannter ist, da es direkt von der Hauptstraße aus erreichbar ist. Zuerst ging immer an den Höhenlinien der Reisterassen entlang. Dann etwas Aufstieg mit kleinem Rastplatz, wo uns natürlich wieder eine Oma erwartete, die uns für ein Mittagessen in ihrem Dorf verpflichten wollte und auch Wasser aus ihrem Tragekorb verkaufte. Ein nein wollte auch sie nur sehr schwer akzeptieren. Aber lustig allemal.
Es regnete zwischendrin immer mal wieder. Aber nur superkurze Regenphasen. Zwar soviel Regen, dass wir uns unter Felix Schirm unterstellen mussten, um nicht super nass zu werden, aber doch so kurz, dass man eigentlich nie mehr als eine Minute da stand. Dafür gab es doch recht viele solcher Minuten!
Später kurz vor dem Zwischendorf Zhong Liu ging der Weg nur sehr abenteuerlich weiter. Anscheinend wurde er zugunsten eines Straßenbaus wegoptimiert, da die Standardwanderroute dort aber langführt, einfach mit ein paar Steinen im Lehmboden ausgeholfen, zur Seite vertikaler Wegfall jeglichen Halts. Auf dem Hinweg sind wir über den Abenteuerweg, auf dem Rückweg einfach über den Neubau der Straße (und ihren tiefen Schlamm… seufz, voll reingedappt). Das Dorf hat noch seinen alten Teil, man sieht aber ins Tal hinein sehr gut, wo ein neues Haus nach dem nächsten gebaut wird und leider leider sieht man auch den Fortschritt in Hinsicht dieser neuen Straßen. Sie wurde viel zu oft massiv in den Berg geschnitten. Teilweise wurden dafür auch einfach Reisterassen weggeschnitten, man kann die Berge hinaufschauend die Straße immer verfolgen, in dem man die abgeschnittenen roten Stellen am Berg verfolgt. Aber gut, woanders fällt es nur schon nicht mehr auf, weil alles überwachsen ist. Schade ist es trotzdem irgendwie. Vom Tal aus stiegen wir nochmal den nächsten Berg auf und wurden, wer kann es erraten (?) an der Spitze auch gleich von einer Oma empfangen. Die wollte einfach nicht locker lassen. Setzte sich auch zu uns, als wir dann Kekse auspackten und nahm auch von den Chips, die ich ihr anbot. Unsere Rettung waren dann zwei weitere Ausländer, die aus Ping An kommenden den zu uns umgekehrten Weg wanderten. Denen heftete sich die Oma direkt an die Fersen und verfolgte sie den gesamten Weg zurück ins Dorf 😀 nach ausgiebiger Pause traten wir auch den Rückweg an. Für den gesamten Weg nach Ping An hätte man schon im frühen Morgenregen loslaufen müssen.
Dafür war dann noch der nächste nicht besuchte Aussichtspunkt vom Vortag, die Nummer 2 dran. Mit chinesischen Touristen hatten wir dann noch Spaß, da sie uns entgegenriefen „Yi hao“ („Nummer 1“), um zu fragen, ob sie auf dem richtige Weg zum Aussichtspunkt Nummer 1 sind und wir aber nur „Ni hao“ („Hallo“) verstanden und entsprechend antworteten, bis wir den Irrtum bemerkten. Die haben sich schlapp gelacht. Lauthals natürlich und so dass wir es mitbekommen, so sind se halt 🙂